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Elemente: Luft und Äther.
Vata steht für Bewegung, Kreativität, Kommunikation, aber auch Unruhe. Wenn Vata aus dem Gleichgewicht gerät, zeigen sich Nervosität, Kältegefühl, trockene Haut oder Schlafstörungen. Wärme, Struktur und nährende Speisen stabilisieren.
Pitta – Feuer & Umwandlung
Elemente: Feuer und Wasser.
Pitta steht für Stoffwechsel, Fokus, Intelligenz und Tatkraft. Überschüssiges Pitta führt zu Reizbarkeit, Hitze, Verdauungsproblemen oder Perfektionismus. Kühlende Kräuter, Pausen und Maßhalten bringen Ausgleich.
Kapha – Erde & Stabilität
Elemente: Erde und Wasser.
Kapha verkörpert Ruhe, Beständigkeit, Mitgefühl, aber auch Schwere. Ein Übermaß äußert sich in Trägheit, Gewichtszunahme oder Antriebslosigkeit. Bewegung, Leichtigkeit und anregende Gewürze helfen, Kapha in Schwung zu bringen.
 
															Ich habe meine Konstitution nie offiziell bestimmen lassen. Kein Arzt hat meinen Puls gelesen, kein Therapeut meine Zunge betrachtet. Und doch hat mich die Frage beschäftigt, welche Kräfte in mir wirken – nicht als Etikett, sondern als Orientierung. Ayurveda nennt diese Grundnatur Prakriti. Sie beschreibt, mit welcher Mischung aus Bewegung, Feuer und Substanz ein Mensch durchs Leben geht. Je klarer man die eigene Zusammensetzung versteht, desto leichter lässt sich erkennen, warum man in bestimmten Situationen aufblüht – und in anderen aus dem Gleichgewicht gerät.
Ayurveda unterscheidet drei grundlegende Prinzipien, die in jedem Menschen wirken: Vata, Pitta und Kapha. Vata steht für Luft und Äther – Bewegung, Leichtigkeit, Kreativität. Pitta verkörpert Feuer und Wasser – Umsetzungskraft, Verdauung, Fokus. Kapha schließlich besteht aus Erde und Wasser – Stabilität, Geduld, Regeneration.
Niemand ist nur eines davon. Jede Konstitution ist eine individuelle Mischung, und diese Mischung prägt, wie wir denken, fühlen, essen und schlafen.
Ich habe begonnen, das bei mir zu beobachten. Es sind kleine Dinge, die viel verraten: Wie schnell ich friere, wann mein Kopf überläuft, wann mein Körper zur Ruhe kommt. Ich kann an einem Tag energiegeladen und klar sein – und am nächsten innerlich zerstreut. Ich spüre Feuer, wenn mich etwas fasziniert, und Trägheit, wenn ich mich überfordere. Aus ayurvedischer Sicht ist das keine Schwäche, sondern ein Zeichen von Dynamik zwischen den drei Kräften.
Vata schenkt mir Ideen, macht mich aber ruhelos. Pitta gibt mir Schärfe und Tatkraft, doch zu viel davon brennt mich aus. Kapha verleiht mir Erdung, aber auch das Bedürfnis, mich zurückzuziehen. Ayurveda hilft, diese Bewegungen nicht als Widerspruch zu sehen, sondern als ein inneres Gespräch, das sich täglich verändert.
Wer seine Prakriti verstehen will, braucht nicht sofort eine Praxis aufzusuchen – obwohl ein erfahrener Ayurveda-Therapeut wertvolle Einsichten geben kann. Der erste Schritt beginnt im Alltag.
Ich habe begonnen, auf Muster zu achten: wann mein Appetit stark ist und wann er aussetzt, ob mein Schlaf tief oder flach ist, ob ich morgens schnell in Gang komme oder Zeit brauche. Diese kleinen Beobachtungen ergeben mit der Zeit ein klares Bild.
Ayurvedisch gesehen neigt jemand mit viel Vata dazu, unregelmäßig zu essen und zu schlafen, während Pitta-Typen geregelte Abläufe bevorzugen, aber sich schnell überfordern. Kapha wiederum liebt Beständigkeit, braucht aber manchmal Antrieb, um in Bewegung zu bleiben.
Solche Einblicke entstehen nicht durch Tabellen, sondern durch Wiedererkennen. Ich habe gelernt, meine Reaktionen zu beobachten, statt sie zu bewerten. Das ist vielleicht das Schönste am Ayurveda: Er zwingt einen nicht, besser zu werden – nur aufmerksamer.
Ein erfahrener Ayurveda-Praktiker betrachtet den Menschen als Ganzes: Puls, Zunge, Augen, Haut, Stimme, Schlaf, Verdauung, Stimmung. Daraus entsteht ein feines Bild, das zeigt, welche Doshas überwiegen und welche aus dem Gleichgewicht geraten sind. Aber diese Analyse ist kein Urteil, sondern ein Ausgangspunkt.
Man soll nicht sagen: „Ich bin Pitta“ – sondern verstehen, wann Pitta in mir zu stark wird. Diese Sichtweise hat etwas Befreiendes. Sie erlaubt, Schwankungen als Teil der Lebendigkeit zu begreifen, nicht als Fehler.
Ich habe gemerkt, dass schon einfache Routinen viel bewirken. Warmes Essen beruhigt Vata. Bittere Kräuter oder Trikatu reinigen überschüssiges Pitta. Bewegung und Leichtigkeit helfen, Kapha in Schwung zu bringen. Je genauer ich mich beobachte, desto deutlicher spüre ich, dass Gesundheit nichts Starres ist, sondern eine feine Balance zwischen diesen drei Polen.
Ayurveda ist für mich keine Religion und kein Dogma, sondern ein Spiegel. Es zeigt, wie Körper und Geist zusammenarbeiten – und wie leicht sie sich trennen, wenn das Leben zu laut wird.
Ich brauche keine Listen, um zu wissen, dass warme Mahlzeiten mir guttun, dass Kälte mich auslaugt, dass Regelmäßigkeit mich stabilisiert. Aber Ayurveda gibt diesen Beobachtungen Sprache und Richtung.
Manchmal frage ich mich, ob das alte indische Wissen nicht deshalb so modern wirkt, weil es den Menschen nicht in Diagnosen zerlegt, sondern in Bewegung beschreibt. Es erinnert daran, dass Selbstkenntnis nicht mit Kontrolle beginnt, sondern mit Aufmerksamkeit.
Vielleicht ist das der eigentliche Sinn der Prakriti-Lehre: zu erkennen, dass wir keine feste Natur haben, sondern eine lebendige. Und dass es nicht darum geht, sich in einem System wiederzufinden – sondern darin, sich selbst zu verstehen.
Wer sich selbst besser verstehen möchte, kann mit schlichter Achtsamkeit beginnen. Ayurveda lehrt, dass jede Beobachtung eine Art Diagnose ist – nur leiser.
Temperatur & Energie: Frierst du schnell oder überhitzt du leicht?
Verdauung & Appetit: Regelmäßig oder schwankend?
Schlaf & Erholung: Tief und lang, oder leicht und kurz?
Geist & Stimmung: Schnell und kreativ, oder ruhig und beständig?
Jahreszeiten: Wann fühlst du dich lebendig – im Sommer, Winter oder Frühling?
Diese kleinen Fragen sind der Anfang einer größeren Einsicht: Gesundheit beginnt mit Aufmerksamkeit.